Pünktlich zur aktuellen Diskussion über das Zeitungssterben in den USA, die Kritik an googlenews durch deutsche Verleger und der Diskussion über die Zukunft der Zeitungen erscheint das Buch „Wozu noch Zeitungen – Wie das Internet die Presse revolutioniert“. Es wird von Stephan Weichert, Leif Kramp und Han-Jürgen Jakobs herausgegeben.
Das Buch ist in zwei unabhängige Komplexe gegliedert.
Der erste Teil besteht aus zwei Aufsätzen und der zweite Teil des Buches ist eine umfangreiche Sammlung von Interviews mit bekannten US-amerikanischen Journalisten, Publizisten und Professoren.
Der erste der beiden Aufsätze greift den Titel des Buches auf und beschreibt die zum Teil gravierenden Änderungen, welche sich durch das Internet für den Zeitungsmarkt ergeben haben. Insbesondere gehen die Autoren auch auf die Frage der Finanzierung ein und die Probleme, welche durch die Gratiskultur im Internet entstanden sind und wie diese den professionellen Journalismus gefährdet. In einem zweiten Aufsatz werden acht Probleme angesprochen und aufgezeigt, wie diese nach Ansicht der Autoren gelöst werden können. Dabei geht sowohl um die Frage, ob die gedruckte Zeitung als „Trägermedium“ bestehen bleiben wird, wie auch die Frage der Finanzierung und der Konkurrenz durch das Internet.
Im zweiten Komplex des Buches werden in 24 Interviews verschiedenste Experten aus allen Bereichen der Medien und Wissenschaft unterschiedliche Fragen zu dem Komplex Zeitungen / Internet gestellt. Interessant ist hier vor allem die Breite der Antworten; je nach Themengebiet des Interviewten wird das Internet mal als hoffnungsvolle Herausforderung und dann auch mal wieder als unseriöses Medium dargestellt.
Den Autoren gelingt es, die verschiedenen Aspekte der kontroversen Diskussion verständlich darzustellen. Es wird aber deutlich, dass sie dem klassischen Journalismus der gedruckten Zeitung weiter anhängen und nicht davon ausgehen, dass es positiv für den Journalismus sein wird, wenn dieser nur noch im Internet stattfindet.
Bedauerlich ist, dass das Buch einzig den US amerikanischen Zeitungsmarkt betrachtet. Es ist sicherlich richtig, dass viele Entwicklungen dort zuerst stattfinden; jedoch gehe ich nicht davon aus, dass diese sich eins zu eins auf den deutschen Zeitungsmarkt übertragen lassen.
Sowohl die Eigentümerstruktur als auch Art des Journalismus ist in Deutschland eine andere. Viele Zeitungen werden in Deutschland von Verlagen herausgegeben, welche sich in Familienbesitz befinden. Natürlich sind diese auch renditeorientiert, jedoch in einem wesentlich schwächeren Maße, als dies bei den US Zeitungen der Fall ist, welche häufig im Besitz von Finanzinvestoren befinden. Auch die Art des Journalismus ist in Deutschland eine andere. So gibt es hier nicht die strikte Trennung von Fakten und Meinungen wie in den USA, der Meinungsjournalismus ist hier viel stärker vertreten. Daher gibt es einen wesentlich breiteren Zeitungsmarkt in Deutschland, der zudem noch sehr stark lokal ausgeprägt ist.
Das Buch ist gleichwohl eine interessante Lektüre für alle, welche sich mit Medien, Zeitungen und dem Internet beschäftigen.
Das Buch erschien bei Vandenhoeck & Ruprecht, hat 280 Seiten und kostet 19,90 € (ISBN 978-3-525-36750-6)
Link zur Verlagseite: http://www.v-r.de/de/titel/1001004581